Hüttenwirt Peter versorgt uns am Morgen noch mit zwei Meldungen: (1) ein Teil des Schächentaler Höhenweges gesperrt, (2) für den Nachmittag gibt es vom Wetteramt eine Unwetterwarnung.
Mit den zwei Infos starten wir in den schönen Morgen. Die Umleitung kommt uns nicht als Pech vor: die Ausblicke sind gleichermaßen gut und als wir die Umgehung wieder verlassen, sehen wir, dass dieser Wanderweg uns wahrscheinlich oft vom Rad geworfen hätte. In der Ferne glitzern schon die Autos des Klausenpasses.
Sonntägliches Treiben an der Klausenpasskapelle
Auf einer kleinen Almsiedlung machen wir eine Futter- und Fotopause. Dann rollen wir mit Tempo zum Pass hinunter. An der Klausenpasskapelle sitzen und stehen eine Menge Menschen. Chorgesang weht uns entgegen, unterbrochen von Motorradgebrumm und Autolärm. Ein sonntäglicher Gottesdienst wird hier gefeiert. Wir brauchen etwas zu essen und Kaffee. Das Bistro, in dem wir sitzen schützt uns vor dem starken Wind am Pass und lässt den Blick frei auf das bunte sonntägliche Treiben.
Am Gletschersee
Da erst Mittag ist, sollte uns der zweite Teil der Tour weiter ins Tal hinunter und hinauf zum Fisetenpass führen. Mit der Unwetterwarnung und dem starken Winden im Ohr ändern wir die Tour. Wir fahren vom Pass aus in Richtung Fisetenpass. Bald wird der Weg zur Tragestrecke und die Bikes drücken auf Arme und Schultern. Wir können nach 10 Minuten wieder etwas fahren, doch dann ist Schluss. Wir stellen die Bikes etwas vom Weg ab und werden zu Wanderern.
Über uns schimmert blau ein Teil des Claridengletschers. Wir weichen vom Weg ab, wollen etwas näher heran und stehen tatsächlich bald an seinem Fuß, der in einem kleinen See endet. Das Eis ist mit einer dicken Schotterschicht bedeckt, kommt an vielen Stellen jedoch immer wieder zum Vorschein. Nachdem wir uns satt gesehen und fotografiert haben, machen wir uns auf den Rückweg. Erst natürlich wieder Fuß, dann auf unseren Rädern.
Ein heftiger Wind
Es ist immer noch zu früh, um sich ins Hotelbett zu legen und immer noch ist kein Unwetter über uns hergefallen, wenn auch ringsum die Wolken sich immer dunkler zusammenziehen und der Wind stärker pfeift. So fahren wir noch ein Stück der Route ab, die für den nächsten Tag vorgesehen ist, Richtung Brunnital.
Bald türmen sich links die Felsen wieder hoch auf, wir sehen den Gletscher nun von der anderen Seite und tatsächlich weit oben fünf schwarze Punkte, die sich über den Gletscher und am Rand vorbei bewegen. Bei einem angekündigten Unwetter? Oder war es eine Falschmeldung? Als uns jedoch eine derart heftige Windböe erfasst, dass wir uns an der Bank, auf der wir gerade sitzen, festhalten müssen, kehren wir doch um.
Auch das Wasser, das vom Gletscher wild und braun herunter stürzt und unter einer kleinen Brücke hindurch schießt, macht uns auch nicht gerade Mut. Zudem ist es Zeit und wir haben unser Höhenmeterpensum für heute erfüllt.
Das Hotel an der Klausenpasshöhe
Auch die Touristen, welche die Terrasse des Klausenpasshotels bevölkern und ihren Kaffee schlürfen und ihre Zigaretten rauchen, scheinen von einer Unwettermeldung nichts gehört zu haben. Mit unseren dicken Rucksäcken kommen wir kaum an den Stuhlreihen vorbei.
Und dann zieht uns der Charme des alten Kastens und das nette Personal in seinen Bann. Das Hotel, 1903 erbaut, steht inzwischen sehr schief am Hang, weil es jedes Jahr ein paar Zentimeter mehr durch sogenannten Kriechschnee in die Schräglage gedrückt wird. Dicke Drahtseile halten es. Wir denken, dass sie diese eine Nacht wohl noch halten werden…
In den Zimmern (Werbung: Nostalgiezimmer) rollen runde Gegenstände tatsächlich von den Ablagen und beim Gehen merkt man es deutlich.
Wir haben uns erst gewundert: Über den stilechten Nachttischen hängen kleine Lampen an Haken an der Wand. Und wozu liegen hier Ohrenstopfen für jeden Gast bereit?
Bald wussten wir warum. Nach dem Abendmahl in der gemütlichen und vollen Gaststube sind wir rechtschaffen müde. Die Wände sind sehr dünn: Jeder Schritt, jedes Wort aus den Nachbarzimmern oder Gängen ist zu hören. Und dann legt der Wind zu, neblig ist es schon lange. Er steigert sich bis Mitternacht zu einem filmreifen Heulen, das wunderbar zu dem alten Kasten passt. Ein kleines Fenster haben wir wegen Frischluft gekippt, die Haare flattern einem dabei im Bett. Dem Nachbar Alfred bläst der Wind zugig sein Lied durch die Ritzen der Wand, so dass er sich im Bett drehen muss. Es bleibt eine unruhige Nacht: knarzige Toilettengänge, ein sich verirrender Gast im Zimmer…