Dienstfahrten
Tatsächlich gab es immer wieder mal richtige Dienstfahrten, zum Beispiel, wenn die Schüler ihr Betriebspraktikum absolvierten. Der Klassenlehrer besucht in dieser Woche seine „Kinder“ und führt mit den Betrieben Gespräche. Die meisten Stellen lagen im näheren Umkreis, bis Saarlouis bin ich dann schon mit dem Rad gefahren. Die Schüler wussten Bescheid, aber ich erntete manchen fragenden Blick, als ich mit Radklamotten und manchmal triefend nass irgendwo anklopfte…
Auch die Fahrten zu Konferenzen und Fortbildungen konnten oft mit dem Rad erledigt werden. Aber die rund 6000 Kilometer im Jahr kamen bei den täglichen Fahrten zusammen. Eine Strecke betrug 12,5 km, der Rückweg wurde je nach Laune und Wetter oft verschönert oder verlängert.
Auch mit meist verdeckten und versteckten Anfeindungen musste umgegangen werden. Über Jahre hielt sich so das Gerücht, das vielleicht ein übelwollender Kollege verbreitet hat, der Herr M. fahre mit dem Auto bis Tanneck (oberhalb von Lebach) und erst von dort aus zur Schule. Oder vor Schülern wurde von Kollegen über die Inkonsequenz der Ökofreaks (und Grünen) gelästert, die dann privat mit dem Auto herumfahren oder einen Fahrradständer auf dem Autodach hätten, was den Benzinverbrauch erhöhe…
Die Praxis
Ein Problem ergab sich natürlich in der Praxis, denn das Umziehen musste organisiert werden. Die meisten Kollegen oder auch Bekannte kamen immer mit dem selben Spruch: „Oh, ich würde auch gerne mit dem Rad zur Arbeit fahren, aber ich schwitze ja so. Und wo und wann soll ich duschen?“ Da gibt es Möglichkeiten. In der Schule gab es keine praktikablen Möglichkeiten, die Lehrerdusche in der Turnhalle wäre viel zu umständlich gewesen. Also funktionierte es so: eine Hose und Schuhe zum Wechseln lagen bereit. Umziehen und eventuell kurz waschen musste ich mich auf der Lehrertoilette, was aus verschiedenen Gründen nicht immer angenehm war (keine Details…)
Oft habe ich aus Zeit- und Bequemlichkeitsgründen meine schwarze (trockene) Regenhose anbehalten, die Kinder hatten sich schnell daran gewöhnt.
Etwas lästig war es dann schon, wenn an einem Vormittag die nassen Klamotten und Schuhe nicht trockneten und man das feucht-kalte Zeug wieder überziehen musste. Für die Kollegen war es auch nicht immer einfach mit einem Outdoorfreak. Da zog sich mal eine Schmutzspur durchs Lehrerzimmer oder an der ein oder anderen Stelle stand eine größere Pfütze. Eine Kollegin beschwerte sich einmal (zu Recht), dass ich ihren teuren Blazer versaut hätte: Meine nasse, schmutzige und stinkige Regenjacke hatte an der Garderobe den Kontakt zu ihrer flotten, neuen und gut riechenden gesucht…
Das Mountainbike im Unterricht
Hin und wieder stand ein Mountainbike vor der Tafel oder auch mal wegen der besseren Sicht auf dem Lehrerpult. Einzelteile wie Luftpumpen kamen zum Einsatz, wenn die Gegenstandsbeschreibung oder eine Verlustanzeige auf dem Stundenplan standen. Im Wirtschaftskunde- und Sozialkundeunterricht war das Thema „Mobilität“ (Auto, Zug, Rad) ein Dauerbrenner. Mit Schülern führte ich oft endlose Diskussionen über das Für und Wider des Autofahrens. Wenn die Diskussion fair verlief und zumindest schon einmal differenziert wurde, war ich zufrieden. Wie viel wird wohl hängen geblieben sein? Wie groß ist der Einfluss eines Einzelgängers(-fahrers)?
Die Mountainbike-Projekte
1993 war die Realschule Lebach dabei, zusammen mit der Nikolaus-Groß-Schule, für die Stadt Lebach ein Radwegekonzept zu entwickeln. Eine Gruppe von sechs Schülern und zwei Lehrern arbeitete nach der Schule viele Wochen lang an diesem Konzept, wo es darum ging, die Gefahrenstellen und Möglichkeiten des Radfahrens in Lebach zu erkunden und zu dokumentieren. Viel ist leider nicht daraus geworden. Lebach ist immer noch keine sehr fahrradfreundliche Stadt.
Bei den schulischen Projekttagen (oft eine Woche lang) gab es meist auch ein Mountainbikeprojekt. Das erste, stark mit fast 20 Leuten besetzt und unterstützt durch die Söhne, deckte eine breite Bandbreite an MTB-Aktivitäten ab: Touren, Techniktraining mit den Trialfahrern Raber/Blumenschein, Schrauben im Velosport-Laden… Thematisch anders ausgerichtet war das Projekt „Mountainbiken an der Theel“: Touren zur Mündung, eine Mühlentour…
Als dann in Losheim die 10-Stunden-Rennen ins Leben gerufen wurden, war die Schule auch zweimal mit einer Mann-/frauschaft dabei.
Die Klassenfahrten
In den letzten Jahren war es dann sogar möglich auf den Abschlussfahrten der 10er-Klassen zumindest einen Mountainbiketag einzulegen. Wobei kein Zwang bestand. Meist gab es eine Wander- und eine Radgruppe. Für die Jungs und Mädchen – wie nach Jahren immer wieder bestätigt – eine „geile“ Sache, eine bleibende Erinnerung. So machten wir die Berchtesgardener Berge und zweimal Südtirol (Seiser Alm, Ahrtal) unsicher. Die Bikes mussten geliehen werden und mit welchen Problemen man da rechnen muss, ist eine eigene Geschichte…
Die Mountainbike-AG
Sie war das Herzstück des Mountainbikens an der Schule. Zwanzig Jahre gab es diese Arbeitsgemeinschaft an der Realschule Lebach. Gefahren wurde meist nach Schlulschluss. War die Gruppe von ihrem Leistungsbild zu verschieden, so gab es auch mal zwei Gruppen. Mit den älteren Schülern bin oft auch samstags gefahren oder auch in den Ferien, auch im Winter. Für die Teilnehmer war es nicht immer einfach das Treffen zu organisieren. Wenige Schüler kamen mit dem Rad zur Schule und konnten dann gleich los. Die meisten fuhren erst wie üblich mit dem Bus nach Hause und kamen dann mit dem Rad oder Mama hat Taxi gespielt.
Immer gab es ein kleines Techniktraining, dann wurde eine Tour im Lebacher Wald gefahren. Gott sei Dank gab es all die Jahre nur einen einzigen Armbruch…
Die Anzahl der Teilnehmer schwankte über die Jahre hinweg zwischen 10 und einem Teilnehmer. In den letzten Jahre wurde das Interesse aber immer geringer.
Viele der Jungs und Mädchen fahren heute noch aktiv Mountainbike, z.B. sogar Rennen. Mathias aus der AG vom letzten Jahr ist mir erhalten geblieben, er fährt jetzt regelmäßig bei den Lückners mit…
Die Schulmeisterschaften
Seit 2003 gibt es diese Einrichtung im Saarland. Tim Leber ist es zu verdanken, dass dieses Event jetzt seinen 10-jährigen Geburtstag feiert. Unsere Schule hat acht Mal daran teilgenommen, wobei es – zumindest für mich – nie darauf ankam, irgend welche Lorbeeren einzuheimsen, sondern das Erlebnis an sich war es schon wert mitzumachen.
Meist waren es die Jungs und Mädchen der Mountainbike-AG, die hier aktiv waren, aber es kamen auch andere dazu. Einige Schüler waren in Radsportvereinen aktiv, nicht aber in der AG. Bei der Schulmeisterschaft tauchten sie dann auf…
Es war eine aufwendige Angelegenheit, die den gesamten Tag und alle meine Nerven in Anspruch nahm. Genehmigungen (Schule, Eltern) mussten eingeholt werden, der Transport zum Veranstaltungsort musste organisiert werden, die Bande musste vor Ort zusammengehalten werden, es musste gelobt und getröstet werden, leichte Verletzungen versorgt und die Kinder wieder nach Hause gebracht werden.
Dankenswerter Weise war meist Sohn Benjamin mit dabei und hat sich um die technische Seite des Unternehmens gekümmert.
Das Fazit
Schule ohne Mountainbike? Für mich schwer vorstellbar. Wenn das Mountainbiken einem zur Lebenseinstellung geworden ist mit all seinen Facetten, muss dies auch Eingang in den Beruf finden. Es war eine wunderbare Ergänzung, Bereicherung, Abwechslung – einfach ein Gewinn. Wie ich hoffe: für alle.