… um diese Zeit waren wir (Lukas, Jörg, Norbert, die Ehefrauen) alle in heller Aufregung. Nach langer Vorbereitung (über ein Jahr) ging es endlich los – obwohl gerade die Einstimmung und Vorbereitung schon ein wichtiger und sehr spannender Teil des gesamten Projektes waren…
Rückblick und Gegenwart
In den letzten 40 Jahren waren wir schon oft in anderen Ländern mit dem Mountainbike unterwegs, aber keine Unternehmung war so nachhaltig wie dieses Projekt…
Anfangs hatten wir noch mehrere Leute aus unserem Bekanntenkreis angefragt, ob Interesse an einer solchen Tour besteht, aber letztlich sind aus verschiedenen, einsehbaren Gründen nur drei Leute in dieses Abenteuer aufgebrochen: Lukas, Jörg und Norbert. Aber im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass diese kleine Gruppe genau richtig war, denn so war der Kontakt zu unseren nepalesischen Guides, Trägern und Fahrern umso intensiver…
Diese drei Wochen in Nepal, einem sog. Entwicklungsstand mit extrem niedrigen Lebensstandard, hat uns gewaltige Kontraste vor Augen geführt: Schönheit und Gelassenheit versus Armut und Schäbigkeit. Natürlicherweise waren die Landschaften, durch die war reisten, überwältigend (schön), aber wir fuhren auch mitten durch die ärmlichen Verhältnisse hindurch: die Städte mit ihren Slums, die halb zerfallenen Dörfer mit ihren ärmlich gekleideten Menschen, die bescheidenen, oft sehr primitiven Herbergen, in denen wir übernachteten, mit ihren einfachen Toiletten und Duschen…
Erst zuhause wird einem dann richtig bewusst, in welch einem unglaublichen Luxus wir leben, wie riesig und gut ausgestattet unsere Komfortzone ist. Unterwegs in Nepal wurden die ärmlichen Verhältnisse schnell Alltag oder blieben einfach Folklore…
Als sich dann durch das ziemlich heftige Erdbeben 2015 die Gelegenheit bot, etwas zurück zu geben und zu helfen, haben wir alle nicht gezögert- und so kamen die „Bilderabende“ zustande, die es jetzt auch fast zehn Jahre gibt. Gerade sie haben jedes Jahr das Erlebnis „Nepal“ wieder aufleben lassen, zumal wir in der Zeit intensiv Kontakt zu bestimmten Spendenprojekten hatten: wie z.B. Kinderhaus Kathmandu (das nach dem Erdbeben eine wichtige Anlaufstation für Hilfesuchende war), Makalu Adventure (der Veranstalter der Reise hatte eigene Projekte ins Leben gerufen), Wasser Projekte, ein Filmprojekt. Und vor allen Dingen: Wir hatten Kontakt zu unseren Guides von damals: Tenging, Hari, Oli… Auch ihnen haben wir regelmäßig einen Teil der Spenden zukommen lassen und deshalb engen Kontakt – per Email, Facebook oder Whatsapp.. Und diese Kontakte bestehen nach zehn Jahren bis auf den heutigen Tag…
Die zweite Geschichte, die sich – zumindest für mich – aus „Nepal“, diesem Geschenk, entwickelt hat, war das Engagement in der Flüchtlingshilfe. Auch hier ergab sich die Gelegenheit, etwas zurück zu geben. Anfangs war es der Deutschunterricht in einigen Familien und andere kleinere Hilfestellungen für die zu uns geflüchteten Menschen. Und sehr bald hat sich die Idee einer Fahrradwerkstatt für Flüchtlinge entwickelt. Anders als die ukrainischen Flüchtlinge heute kamen die syrischen Flüchtlinge mit nichts hier an. Einige Ukrainer fahren mit dem eignen Auto bei uns an der Werkstatt vor… Für die arabischen jungen Männer boten dann die Fahrräder die Möglichkeit, etwas mobiler zu sein (Einkaufen, Arbeitsamt, Ausländerbehörde…) Und es ergaben sich sinnvolle und oft intensive Kontakte mit diesen Menschen und auch Kontakte zu Einheimischen, welche die Fahrräder ja gespendet hatten… Für uns: eine sinnvolle und gelungene Integration…
Auch hier ergaben sich intensive Beziehungen zu konkreten Meschen, fast schon Freundschaften, die auch nach zehn Jahren noch bestehen und von uns gepflegt werden…
Insgesamt hat also das Projekt „Nepal“ dazu beigetragen, unsere innere Einstellung zur Welt und den Menschen zu verändern und unserem Leben einen (zusätzlichen weiteren) Sinn zu geben, wofür man sehr dankbar sein kann… (nm)
Ausgegraben: ein paar unveröffentlichte Fotos von 2014
Rückblick von Lukas
10 Jahre ist es nun schon her als wir damals am 14.10.2014 zu unserem, für unsere Verhältnisse, großen Abenteuer aufgebrochen sind. Über Dubai ging es nach Kathmandu. Wir sind abends oder nachts, ich weiß es nicht mehr genau, in Kathmandu nach einem langen Reisetag angekommen und ich hatte einen Kulturschock. Die vielen und fremden Eindrücke haben mich überwältig und ich habe mich erstmal sehr unwohl gefühlt. Auch am nächsten Morgen wurde es noch intensiver und unwirklicher in welcher Welt wir dort angekommen sind. Mit der Zeit legte sich aber dieses Gefühl und ich konnte die Zeit dort und die Natur und Menschen sehr genießen. Was bleibt so an Erinnerungen nach 10 Jahren, wo gerade bei mir im persönlichen Umfeld sehr viel passiert ist? Viele Eindrücke und Erinnerungen sind verblasst oder gar verschwunden. Doch sind auch ein paar Dinge hängen geblieben, die mich immer wieder an diese Reise erinnern. Davon möchte ich euch erzählen.
Eins der Dinge, die ich immer wieder vor Augen sehe, sind die unzähligen Morgen die wir in Nepal in den kleinen Dörfern erlebt haben. Unser Tagesablauf sah ja meistens so aus, dass wir sehr früh aufgestanden sind. Meistens nach 6 Uhr und zusammengepackt haben. Dann gab es Frühstück und es ging aufs Rad. Bis zum Mittag haben wir dann unser Etappenziel erreicht und den restlichen Tag in dem Dorf verbracht. An manchen Tagen haben wir auch länger gebraucht und sind erst nachmittags angekommen. Meistens haben wir zu Mittag gegessen und sind danach noch spazieren gegangen und haben uns das Dorf und die Umgebung angesehen. Abends gab es wieder essen und danach wurde es schnell kalt und dunkel und wir sind in unsere Zimmer und Betten gekrochen. Ich habe dann noch gelesen bis ich eingeschlafen bin. Besonders die Stimmung am Morgen hat mich aber immer sehr gefesselt und ich erinnere mich gerne daran. Wir hatten blauen Himmel mit ein paar Wolken und es war noch etwas frostig in den höheren Lagen. Es lag eine Ruhe – still war es nicht immer- aber eine ruhige Atmosphäre lag über den Häusern und Dörfern und gepaart mit dem Himmel und den natürlichen Geräuschen von Mensch und Tier – keine Autos oder sonstiges- schaffte jedes Mal einen besonderen Moment. Irgendwo verbrannte jemand auch Räucherware und Rauchschwaden zogen Richtung Himmel und dieses Bild hat sich sehr eingeprägt.
Eine weitere Sache, die mich immer an Nepal erinnert, ist das Desinfektionsmittel, welches ich in unserem Auto habe. Gerade in der Coronazeit wurde ich dadurch sehr oft an unsere Reise erinnert. Denn das gleiche Desinfektionsmittel, welches ich jetzt habe, hatte ich auch in Nepal mit dabei und der Geruch ist immer noch der gleiche. In Nepal haben wir sehr viel Desinfektionsmittel benutzt, um uns vor Keimen und Bakterien zu schützen. Also nach jedem Toilettengang, vor dem Essen usw. haben wir es benutzt. Diesen Geruch immer mal wieder in der Nase zu haben, den ich dort mehrmals täglich hatte, ist zwar jetzt nicht der tollste Duft, aber mit sehr vielen Erinnerungen verbunden und sehr einfach aufzufrischen.
Woran ich mich auch gerne immer wieder erinnere, sind die Menschen, die wir dort getroffen und kennen gelernt haben. Wenig die Touris, wie wir, sondern die Menschen vor Ort. Unsere Guides, Träger und Fahrer und die Menschen der Lodges oder die wir so getroffen haben. Ich kann mich an wenige Situationen erinnern, die unangenehm waren oder wo ich mich nicht wohl gefühlt habe. Trotz Sprachbarriere war der Umgang immer sehr freundlich und offen. Im Vergleich dazu hatten wir eher unangenehme Situationen mit Touris oder gar kein Kontakt. Wir haben immer freundlich gegrüßt und von den Wanderern kam kaum etwas zurück. Was ich hier im Wald auf Touren auch immer wieder erlebe, dass nur wenige einen grüßen und das spiegelt die Unterschiede der Gesellschaften wieder. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Menschen dort zwar sehr wenig haben aber viel glücklicher und zufriedener sind als wir hier in einem reichen Land mit viel Technologie, Infrastruktur usw. Gerade in Deutschland macht sich das für mich immer sehr bemerkbar. Daher denke ich gerne an die Zeit und die Menschen dort zurück und versuche mir etwas davon zu bewahren und zu übertragen.
Als wir die Reise geplant haben und uns Gedanken gemacht haben, ging ich davon aus, dass da wir ja ein ambitioniertes Ziel haben, also einen Pass auf über 5000 Höhenmeter zu überqueren, täglich auf dem Rad sitzen und somit unsere Körper Strapazen aussetzen, dementsprechend auch abnehmen werden. Dies war aber gar nicht der Fall, da wir unglaublich viel und gut gegessen haben. Morgens gab es meistens warmes Porridge oder frisches Brot. Mittags eine warme Mahlzeit und abends dann auch wieder. Wir haben uns trotz veganer Ernährungsweise gut durch die Karten der Lodges essen können und vieles ausprobiert. Ich war großer Fan von Momo, Teigtaschen mit für uns Gemüsefüllungen, und habe sehr viel davon verdrückt. Aber auch Dal Bhat, Reis- und Nudelgerichte haben wir zahlreich verzehrt und so kam es, dass wir gut genährt nach Deutschland zurückkamen. Obwohl wir viel auf dem Rad gesessen haben und zwar nicht den Pass aber doch 4000hm erreicht haben. Ein Abend ist mir da besonders in Erinnerung geblieben, als wir unseren höchstgelegenen Ort erreicht haben, Manang auf über ca. 3500hm, haben wir uns aus mir nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ein sehr ausgiebiges Abendessen gegönnt. Unser Tisch war sehr voll und wir haben aber trotzdem alles leer gegessen und es genossen. Momos vermisse ich heute immer noch und würde gerne mal wieder in einer Lodge sitzen und diese frisch zubereitet essen und dabei auf die 8000er um mich herumschauen.
Ja, dies sind ein paar Erinnerungen, die immer mal wieder auftauchen, wenn ich morgens früh unterwegs bin, meine Hände desinfiziere oder Menschen im Wald begegne und an Essen denke. Wenn man tiefer gräbt, würden mir bestimmt noch mehr Sachen einfallen, aber dies sind so die Erinnerungen, die mir direkt eingefallen sind.
Vielleicht kann ich sie irgendwann mal wieder auffrischen und Nepal nochmal besuchen…
Alle Tagesberichte (damals live per Handy) und Nachbereitungen finden sich hier…