Geschichten rund um das Mountainbike erleben wir jeden Tag. Nicht immer sind sie des Aufschreibens würdig. Doch so schnell vergessen wir vieles. Also lohnt sich Aufschreiben im Sinne von Aufheben. Die eine oder andere wurde auch schon mal festgehalten. An dieser Stelle werden Texte gesammelt, die eher der Kategorie „Unterhaltung“ und „Satire“ zuzuordnen sind.
Die blockierte Toilette
Der Wanderer
Das Wildschwein 1
Das Wildschwein 2
Der eisglatte Hund
Sein erstes Rennen
Der Müllschlucker
Der Wassersparer
Total beheizt
Mann-Frau-Geschichten
Mountainbiker blockieren Hoteltoilette mit Bikes
Celerina/Schweiz. Zur besten Mittagszeit betreten oder besser befahren zwei Mountainbiker den Berggasthof Alp Margans und stellen ihre Räder im Erdgeschoss genau vor dem Toilettenausgang des Restaurants ab. Mindestens zehn Hotelgäste konnten längere Zeit die im Keller gelegenen Örtlichkeiten nicht verlassen. Erst als ein Gast, der sein Handy überall dabei hat, mit demselben die Hotelleitung alarmierte, konnten die Eingeschlossenen befreit werden. Der Oberkellner musste die beiden Mountainbiker, die im im Gästeraum gemütlich einen Kaffee tranken – einer soll sogar noch ein Stück Rüblitorte bestellt haben – auffordern ihre Räder sofort zu entfernen und außerhalb der Gastronomie zu deponieren.
Die beiden Touristen – ihrer Sprache nach wahrscheinlich Deutsche – hatten am späten Vormittag versucht, die sehr steile Auffahrt zur Bergstation und den Übergang nach St. Moritz zu bewältigen. Auf Höhe der Sesselliftbergstation (2640m) wurden sie jedoch vom einem in allen Medien angekündigten schweren Gewitter überrascht. Zwei jüngere Mountainbiker, die noch nach ihnen den Aufstieg mit dem Rad machten, sollen sogar die Weiterfahrt durch das mit Schneefeldern bedeckte Gebiet gewagt haben. Auch sie hat man später dann im Berggasthof gesehen. Wo sie ihre Räder abgestellt haben, ist unbekannt. Die zwei Deutschen kehrten jedenfalls um und suchten bei stark einsetzendem Regen Zuflucht im Restaurant. Da sie ihre wohl teuren Räder nicht im Regen stehen lassen wollten, nahmen sie sie einfach mit in die Räumlichkeiten. Sie fanden einen scheinbar geeigneten Platz zum Abstellen vor einer Glaswand. Dies war aber genau die automatisch seitlich aufgehende Toilettenausgangstür des Etablissements.
Nachdem die Fahrräder dann doch einen Platz im Regen einnehmen mussten, haben sich die beiden nicht mehr lange aufgehalten, den Oberkellner noch nach dem kürzesten Weg nach Samedan gefragt und sind dann in ihre Regenkleidung eingemummt Richtung Tal verschwunden.
Noch lange war an diesem Tag die wohl doch unbeabsichtigte Toilettenblockade der Mountainbiker das Gespräch an den noch wegen der Vorsaison spärlich besetzten Tische gewesen.
Der Wanderer
Die Abenteuer eines unfreiwilligen Zuschauers bei einem Mountainbike-Rennen
Schön ausgemalt
Er hatte sich alles so schön ausgemalt. Nach einem genussvollen Mittagsschläfchen würde er einen ausgiebigen Waldspaziergang machen. Sein Hund Mupps sollte natürlich mit. Auch dem würde Bewegung gut tun. Viel zu fett war er geworden. Glich er da etwa seinem Herrchen? Mit dem Wagen konnte man bis in den Wald hinein fahren und dann würde er losmarschieren, die Ruhe genießen, die gute würzige Luft einatmen, hin und wieder eine Rast einlegen…
Ein Schuss knallt
Gedacht, getan. Der Wagen stand im Schatten und los ging es. Die neuen Wanderschuhe drückten zwar noch etwas und die Kniestümpfe juckten, aber das würde sich schon geben. Frohgemut schwang er den Spazierstock mit den 27 Wanderabzeichen. Ein tolles Stück. Tief atmete er ein – und musste husten. Scheint ja doch nicht so gesund zu sein die Waldluft, dachte er. Und da krachte plötzlich ein Schuss. Ganz in der Nähe. War heute Treibjagd? Oder hatte ein Grünrock sich verspätet und noch ein Eichhörnchen entdeckt? Missmutig brummend marschierte er weiter. Mupps schien überhaupt nichts bemerkt zu haben.
Waldarbeiten am Wochenende?
An der nächsten Wegabzweigung blieb er verdutzt stehen. Ein rotweißes Band versperrte den Weg, den er nehmen wollte. Was ist das jetzt? Doch eine Treibjagd? Oder hatten Waldarbeiter vergessen, das Band zu entfernen? Das war aber auch ärgerlich, denn dann würde er bald über Äste und Baumstämme klettern müssen. Ganz zu schweigen von den zu Brei gefahrenen Wegen. Aber irgendwie zeugten die Spuren auf dem Waldweg von Aktivitäten im Wald. Aber die Spuren waren so schmal!
Ein Rasender
Mal sehen. Stöhnend kletterte er unter dem Band hindurch, Mupps hatte weniger Probleme. Noch sah er keine gefällten Bäume. Aber plötzlich hörte er Geräusche: ein Scheppern und ein Keuchen. Die Geräusche kamen immer näher. Mupps blieb stehen. Gott sei Dank, denn da kam schon etwas aus einem Nebenweg geschossen. Ja, geschossen. Vor Schreck blieben die beiden Wandergesellen wie versteinert stehen. Das war ja ein Radfahrer! Wie war der denn so komisch angezogen: ganz bunt, einen Sturzhelm hatte er auf, eine Sonnenbrille (Es schien doch heute keine Sonne!) So schnell wie der vorbei war, konnte er gar nicht gucken. Moment! Solche Leute hatte er schon mal im Fernsehen gesehen. Sport? Tour de …? Ja, die waren auch so angezogen. Hat er aber damals gleich weitergeschaltet! Was macht so einer hier im Wald? Und warum rast der so? Ist doch gefährlich, gell Mupps! Er beugt sich zu seinem Hund runter und streichelt ihm über den speckigen Rücken.
Landung auf dem Hosenboden
„Mensch rüber, Alter!“, brüllt es plötzlich ganz laut vor ihm. Vor Schreck macht er einen Schritt zurück und stolpert über einen Ast und sitzt auf dem Hosenboden. Aber seine Wanderhose hat ein robustes Herz aus Wildleder zur Verstärkung hinten drauf. Die Landung wird abgefedert. Staunend sieht er gerade noch, wie vier weitere Radfahrer, ganz ähnlich gekleidet, hinter der nächsten Wegbiegung verschwinden. Die scheinen dem nachzufahren. Vielleicht hat es Ärger gegeben. Die Burschen hatten auch ganz verbissene Gesichter aufgesetzt. Sogar hier in diesem friedlichen Wald streiten sich die Menschen! Kein Wunder, dass es so viel Krieg auf der Welt gibt!
Die schnaufende Meute
Noch ganz in seine weltbewegenden Gedanken versunken hat er sich aufgerappelt, den Hintern abgeklopft und sich wieder auf den Weg gemacht. Er biegt auch in den Weg ein, aus dem die Radfahrer eben heraus kamen. Er fällt etwas steil ab und man hat einen guten Einblick in den Verlauf des Weges. Das gibt es doch nicht: Dort unten kommen noch mehr den Weg hoch! Bestimmt 20 Leute, ne ganz Horde!
Komm rüber, Mupps! Das kann gefährlich für uns werden. Die Radfahrergruppe kommt immer näher. Sie schnaufen ganz schön, einige stehen auf dem Rad und können dabei noch fahren. Jetzt überholen einige noch. Der Weg ist doch viel zu schmal! Peng, da liegt auch schon einer auf dem Boden. Was ist denn mit denen los? Ist der Teufel in sie gefahren?
Brennt es?
Zumindest fahren sie wie die Teufel! Sag, Mupps, was ist hier bloß los? Komm, wir machen, dass wir weiter kommen! Die beiden wandern weiter. Es ist wieder still geworden. Da biegt schon wieder einer um die Ecke. Hat wohl den Anschluss verpasst. Warum haben die alle Schilder mit Nummern vorne am Rad? Seltsam! Kopfschüttelnd schaut er dem letzten Fahrer nach. Der Weg schwenkt nun nach links und steigt an. Die nächste Biegung bringt die nächste Überraschung: Da steht mitten im Wald ein großer Feuerwehrwagen am Wegesrand. Da scheint ja heute allerhand los zu sein im Wald. Zwei Feuerwehrleute sitzen rauchend im Auto. Na, Männer wo brennt´ s denn? Einer bläst ihm den Rauch ins Gesicht: Nur die Zigarette, wir sorgen hier für Ruhe und Sicherheit, Meister, und retten die Leute! Verdutzt schaut sich der Wanderer um. Niemand zu sehen, der zu retten wäre. Doch in dem Moment ertönt ein grässliches Quietschen, dann sogar mehrstimmig. Über einen schmalen Weg, der nicht gleich zu sehen war, kommt wieder der Radfahrer an, den er vor zehn Minuten schon mal gesehen hat. Halsbrecherisch saust er den Weg runter, schleudert durch eine Kurve, ziemlich dicht an den beiden vorbei und ist schon verschwunden. Nach einer Erklärung heischend blickt er zu den zwei Feuerwehrleuten rüber. Einer hat gerade so ein dickes tragbares Telefon in der Hand und spricht was Wichtiges hinein.
Aha, ein Rennen
Der andere steigt jetzt aus und stellt sich neben den Wanderer. Ja, bei so einem Rennen brauchen sie uns. Wird aber gut bezahlt. Der Wanderer wundert sich: Ein Rennen ist das? Mitten im Wald? Ist denn so was erlaubt? Die Feuerwehr: Klar, bei Mountainbikerennen ist das so. Bestens informiert – mit dem Wort Mountainbike kann er gar nichts anfangen – ruft er seinen Hund Mupps, der sich gerade am Hinterrad des Feuerwehrwagens erleichtert hat. Sie müssen weiter. Mupps kann löschen, wo nichts brennt….
Das Wurfgeschoss
Nach fünf Minuten ruhigen Dahinwanderns stoßen die beiden wieder auf Leute. Schau mal, Mupps, da hat aber einer einen großen Durst! Der hat vier Flaschen in einem Körbchen neben sich stehen. So heiß ist es doch heute gar nicht! Sie sind noch einige Meter von den Leuten entfernt, als die ersten Fahrer – nun dichter zusammen – wieder des Wegs kommen. Schon von weitem wildes Durcheinanderrufen, das unser Wanderer gar nicht versteht. Der erste Fahrer nähert sich. Einer der am Weg Stehenden hält mit ausgestrecktem Arm eine Trinkflasche in den Weg. Der Fahrer schnappt sie sich und nimmt sofort einen Schluck. Beim Fahren! Unglaublich. Und schon sausen auch die anderen an ihm vorbei. ziemlich knapp. Plötzlich jault Mupps laut auf. Da hat doch einer der Fahrer tatsächlich so eine Trinkflasche nach Mupps geworfen! Warte nur, Bursche!, schimpft der Wanderer der Meute hinterher. Aber wer war eigentlich der Übeltäter? Immer noch wütend bückt er sich und streichelt Mupps. Na, tut´ s noch weh? Er sieht die Trinkflasche im Gras liegen und versetzt ihr einen kräftigen Tritt mit seinen Wanderstiefeln. Das haben die anderen Leute gesehen und zwei kommen jetzt zu ihm. Ja. er müsse das verstehen. Das war keine Absicht mit dem Hund. Er müsse wissen, die Fahrer würden hier die Flaschen wechseln, die leeren werden einfach hingeworfen und die Betreuer nehmen sie mit. Etwas freundlicher gestimmt, bedankt er sich und will gerade weiter ziehen…
Tolle Frauen
Da kommt nach eine Gruppe von Radfahrern den Weg entlang. Etwas langsamer. Mupps und sein Herrchen bleiben sicherheitshalber stehen. Bisschen anders sehen die Jungs ja aus. Ui, das sind ja Frauen! Donnerwetter! Er kann ihnen nur noch nachschauen. Nicht schlecht in diesen eng sitzenden Kleidern. Da sieht man was. Gut, dass seine Alte ihn jetzt nicht sieht. Noch etwas zufriedener setzt er endlich seinen Weg fort. Er blickt noch mal zurück, aber die feschen Mädels sind weg. Na ja, das hat er schon gelernt: die kommen wieder.
Fundsachen
Immer deutlicher hört er jetzt eine Lautsprecherstimme. In ungleichen Abständen erklingt sie. Noch kann er nicht verstehen, was gesprochen wird, aber der Mann am Mikrofon scheint sich ganz schön zu ereifern. Dann scheint Musik zu laufen. Kirmes im Wald??
Auf dem Weg vor ihm liegt plötzlich eine von diesen Plastikflaschen. Mit seinem Spazierstock stößt er sie an. Sie scheint nicht ganz leer zu sein. Er bugsiert sie mit dem Stock an den Wegesrand. Hat die jetzt einer verloren oder weggeworfen?
Zwanzig Meter weiter kommt der Wanderstock schon wieder zum Einsatz. Da liegt schon wieder was auf dem Boden. Die scheinen eine Menge zu verlieren bei so einer Rennerei, denkt er und bückt sich etwas. Mupps kommt auch näher und beschnüffelt das Plastikteil, das da auf dem Boden liegt. Sieht aus wie eine kleine Zahnpastatube, denkt er, aber die werden sich doch unterwegs nicht die Zähne putzen. Pass auf, Mupps, nachher finden wir noch eine Zahnbürste! Mit einem kleinen Schlag schießt er das Ding an den Wegrand und bückt sich wieder, um es besser zu erkennen. In die Hand nehmen will er es lieber nicht. „Power Gel“ liest er. Ah, vielleicht was zu einreiben. Gel, das kennt er. Das schmieren sich die jungen Leute heute in die Haare. Aber während der Fahrt? Seltsam. seltsam, diese Mondenbeik-Rennen.
Auf dem Volksfest
Inzwischen ist unser Wander- und Naturfreund ein wenig müde geworden von der vielen frischen Waldluft und vom Zuschauen. Und Hunger und Durst hat er auch. So wird er wie magisch von den volksfestähnlichen Geräuschen angezogen, die mittlerweile immer deutlicher geworden sind. Immer mehr Leute begegnen ihnen. Er treibt seinen Hund an. Er will endlich wissen, was da los ist. Nach zehn Minuten weiß er es: ein Volksfest. Am Rand eines alten Sportplatzes sind Zelte und Stände aufgebaut, Musik erklingt aus Lautsprechern und ne Menge Leute laufen rum. Von seinen untrüglichen Instinkten geleitet findet er schnell die richtigen Stellen: den Rostwurst- und den Kuchenstand. Hier ist er richtig. Mupps bekommt eine Wurst, er selbst genehmigt sich erstmal zwei Stücke Kuchen und eine Tasse Kaffee. Ist ja gar nicht so teuer, staunt er. Am Bierstand findet er dann endlich zur Ruhe. Mit der Anzahl der Biere und der Informationen, die er hier über die Veranstaltung bekommt, wird er bald zum Mountainbike-Fan…
(EMC-Kolumne 2004)
Wildschwein geweckt
… auf Inspektionstour durch den Lückner: Wie sehen die Trails aus, kann man sie wieder fahren, muss repariert werden? Hinterm Golfplatz geht es hoch. Singletrail. Von Pferden schon etwas ausgetreten. Plötzlich rechterhand am Hang ein Rascheln – und ein allseits bekannter Grunzlaut. Aus dem Laub erhebt sich ein Wildschweinkopf. Das darf doch nicht wahr sein! Uff! Feste in die Pedale treten und weg. Nicht zurück schauen, sondern alles geben. Bergauf! Dann ein kurzer Blick zurück: Gottseidank, keine Verfolgung! Ich halte an, hole Luft und peile die Lage. Ein Meter neben dem Pfad hat sich das gute Tier in eine Kuhle zum Schlafen gelegt. Die Sonne hat schön gewärmt – nur ein – sehr leise – vorbei ziehender Mountainbiker hat die arme Sau aus ihren Träumen gerissen. Scheinbar hat sie keine Gefahr gewittert und sich wieder hingelegt. Es war wohl auch kein Muttertier, di sollen ja besonders gut auf Menschen zu sprechen sein. Aus sicherer Entfernung mache ich schnell noch ein Foto. Näher heran traue ich mich dann doch nicht….
(aus dem Tagebuch März 2004)
Tote Wildsau versperrt Radweg
Nichtsahnend, frierend, hustend und mit wenig Freude an seinem Weg zur Arbeit bikt ein Mensch frühmorgens den Radweg entlang Richtung Lebach. Da wird er durch blinkende Lichter aus seiner trüben Stimmung gerissen. Morgens kann so ein Licht ganz schön blenden. Also Helm etwas senken. Rechts und links der Verkehrsstraße steht jeweils ein Wagen, sie haben die Warnblinkanlage eingeschaltet. Blöde Autofahrer, denkt der Biker, mit denen habe ich nichts zu schaffen. Er fährt an ihnen vorbei. Es ist noch ziemlich dunkel. Bergauf funzt die Lampe am Rad nur schwach. Flaschen, Glas, Tüten ist er ja gewöhnt auf den heimatlichen Radwegen, aber da vor ihm scheint sich ein besonders dicker Haufen Dreck angestaut zu haben. Den hätte er beinahe nicht gesehen. Die blendenen Autos. Er reißt instinktiv den Lenker herum – – sonst wäre er voll auf drauf gefahren – auf die tote Wildsau, die da nämlich auf dem Radweg liegt… Tot scheint sie ja zu sein, keinLaut zu hören, keine Bewegung. Sie wollte sich wohl auf der Straße mit einem Auto anfreunden. Das kann ja nicht gut gehen…
(aus dem Tagebuch November 2004)
Hund auf eisglatter Fahrbahn angefahren
Ein interesanter Tag beginnt. Es ist sauglatt. Was für ein saudummer Vergleich, denke ich, denn Säue sind nicht glatt, sondern borstig. Und sie sind nicht dumm, sondern gelten als sehr intelligent. Also besser: es ist spiegelglatt (Ist ein Spiegel glatt?). In den Nebenstraßen bestehen die Autospuren aus Eis, also bitte keine unüberlegten Zuckungen, Mountainbiker, … schön die Spur halten. Rechts oder links ausscheren wollen ist gefährlich. Ein besonders glattes Pflaster (besser Teerstück)glatt: die Ambetstraße zwischen Schmelz und Michelbach. Autos kommen wie immer zu dieser frühen Stunde entgegen, Ausweichen ist schwierig wegen besagter Spuren. Deren Kanten sind vereist sind.
Voll und ganz konzentriere ich mich auf die scharfen Kanten. Das bindet alle meine Kräfte. Plötzlich sehe ich doch vor mir etwas, einen Schatten, ein sich schnell bewegendes Etwas. So muss ich denn den Blick vom Boden aufheben und schauen, was da kommt. Ein Hund ist es. Ziemlich schnell. Eine Stimme ertönt, ein Herrchen ruft irgendwo, doch der Hund läuft weiter. Er saust um mich herum, das eisige Parkett scheint ihm zu gefallen, und läuft mir dann genau vors Rad. Vor Schreck schnell und doch sacht die Bremse ziehen, aber wir bleiben nicht stehen, sondern knuffen den armen Hund voll in die Seite. Da hat er Fersengeld gegeben. Über den glattten Boden schlingernd ist er bald außer Sichtweite. Ganz locker bleiben, einfach weiter fahren, den Blick wieder auf die Fahrspuren gerichtet. Ein Wunder, dass ich nicht weggerutscht bin…
(Tagebuch Januar 2002)
Sein erstes MTB-Rennen
Hallo Leute, oh Mann! Hatte ich die Hose voll, wie man so schön sagt. So einige Rennen bin ich ja schon gefahren, also ganz unerfahren bin ich nicht. Die hießen anders: CTF oder so. Aber einen Kup noch nie. Ein Freund hat mir den Tipp gegeben, mitgefahren ist er aber nicht…
Die Startertüte
Schon auf dem Parkplatz ist mir das Herz fast in die Hose gerutscht, als ich die vielen Leute sah. Alle so professionell, tolle Trikots, tolle Bikes. Im Wald fand ich die Anmeldung ziemlich schnell. Nette Leute. Hier deine Startnummer und das Starterpaket. Ein Paket war es nun nicht, hätte ich auspacken müssen, es war eine Startertüte, ist auch bequemer. Der Inhalt kam mir ein wenig komisch vor. Eine leere Trinkflasche. Und vier volle Trinkflaschen. Aber keine der vier Flaschen hat in meine Halterung am Rad gepasst, nur die leere. Blöd. Also musste ich umfüllen, das hätten die doch gleich machen können. Die zwei anderen Flaschen steckte ich mir hinten ins Trikot – das hatte ich mal im Fernsehen gesehen. Was noch in der Tüte drin war? Ein Riegel. Bisschen zäh, das Zeug hat an den Zähnen geklebt. Von der selben Marke noch ein Gel in einem Plastiktütchen. Hab ich noch nie gesehen und lieber mal in der Tüte drin gelassen. Mir war inzwischen sowieso schon richtig schlecht, oh Mann. Ja und ein Haufen Papierkram war auch noch in der Tüte. Wer soll das denn alles vor einem Rennen noch lesen? Da hat doch keiner einen Nerv für!
Einfach hinterher
Die Strecke bin ich dann lieber nicht abgefahren. Ich brauche den Leuten ja nur hinterher zu fahren, es sind ja genug da. In der Holzhütte hab ich mir ein Bier gekauft, das soll ja die Nerven beruhigen, es war auch noch etwas Zeit bis zum Start. Dann gab es kein Zurück mehr. Ziemlich weit hinten hab ich mich in die Reihe gestellt. Trotz der vielen Leute kam ich mir verdammt verloren und allein vor. Ein Sprecher erklärte den Leuten vorne noch einiges, hier hinten hab ich nichts verstanden. Wird nicht so wichtig gewesen sein. Einfach nur dem Vordermann am Hinterrad kleben, dann läufts. Plötzlich krachte ein Schuss und der ganze Haufen setzte sich in Bewegung. Das hat richtig gestaubt, husten musste ich…
Das Riesenloch
Zuerst ging es den breiten Weg hoch, oben am Parkplatz vorbei und wieder in den Wald. Jetzt wurde es eng. Man musste sich einfädeln wie auf der Autobahn. Dann sah ich vor mir, wie die meisten Fahrer in einem riesigen Loch verschwanden und dann wieder auftauchten. Einige vor mir fuhren um das Loch herum, das machte ich auch, das schien mir sicherer. So ein riesen Loch! Ob die Veranstalter das extra geschaufelt hatten? Es soll ja genügend verrückte Mountainbiker geben. Da bauen sich welche Rampen, um möglichst weit durch die Luft zu fliegen! Viel Zeit zum Überlegen hatte ich jedoch nicht, denn jetzt standen eine Menge Bäume im Weg, um die man herum kurven musste. Na, ging ganz gut. Und schon waren wir wieder im Ziel. Mir fiel ein Stein vom Herzen: So schlimm war das ja nicht…
Der Matratzendownhill
Dachte ich. Doch da bogen alle vor der Hütte links ab. Fast auf die Mosel zu. Und dann, oh je, standen da eine Menge Leute, die feuerten uns an. Und dann sah ich warum: Steil und steinig ging es nach unten. Zeit zum Überlegen gab es keine, also bin ich einfach gefahren. Klar, vorsichtig. Lebensmüde bin ich nicht. Rechts und links standen Matratzen an den Bäumen, sah komisch aus. Da werden dann die Verletzten aufgebahrt. Volle Konzentration, Junge, lass dich nicht ablenken! Irgendwie kam ich unten an, obwohl noch einige steile Stufen kamen. Was folgte, war auch klar: wieder den Berg hoch. Viele haben mich nicht mehr überholt, wahrscheinlich waren keine mehr hinter mir.
Vorbei geflogen
Jetzt wusste ich, was Sache war. So langsam fühlte ich mich sicherer. Um das Loch, das, wie ich später erfuhr, ein Bombenkrater sein soll, bin ich lieber noch mal drum herum gefahren. Aus Sicherheitsgründen, dachte ich. Aber so sicher war das gar nicht. Man musste aufpassen, dass von links keiner geflogen, oder wie ich es in der nächsten Runde erlebt habe, gestürzt kam. Und Zuschauer standen oft im Weg herum. Saublöd waren die.
Die teuflische Abfahrt gelang mir immer besser. Das Publikum hat einen toll angefeuert. Einige vor mir haben sich auch mit einem Juchzer hinab gestürzt. Das schien mir doch etwas zu übertrieben. Die Abfahrt erforderte meine volle Konzentration. Rechts konnte ich einige Leute mit Kameras in der Hand erkennen. die wollten wohl den Schrecken oder die Kaltblütigkeit auf unseren Gesichtern festhalten? Den Schrecken konnten sie bestimmt bei mir ablesen – die Kaltblütigkeit bei denen, die dann ab der dritten Runde auf dieser Abfahrt an uns vorbei fuhren. Besser: flogen. Zwei in einem schwarzweißen, engen Trikot trieben es besonders doll. Ich konnte sie ja nur kurz von hinten sehen. Die standen dann nachher auch auf dem Siegerpodest. Profis in weißen Stützstrümpfen…
Ein Sprung zuviel
Bei der nächsten Runde wollte ich auch mal durch das Loch fahren. Wenn so viele da durch fahren, bring ich das auch. Dachte ich. Mein Vordermann fährt durch, locker. Ich gebe Gas, komme gut unten durch und mit Schwung wieder heraus – mit zuviel Schwung. Ich hebe ab, ein tolles Gefühl. Landung klappt auch noch, doch der Weg läuft zwischen den Bäumen mit den Matratzen durch. Gerade noch kann ich den Lenker herumreißen, schrubbe an einer Matratze vorbei und wackele noch ein bisschen herum, bis ich die Spur wider halten kann. Verflixt, das war knapp, aber das soll ja auch Profis passieren…
Wie viel Runden noch??
So langsam ging mir die Puste aus, die steilen Stücke musste ich schieben. Wie viele Runden noch? Schließlich musste ich meine kostbaren Kräfte einteilen! Oben an der Hütte, am Zieleinlauf, stand zwar ein Sprecher mit Mikrofon. Der sagte auch ab und zu was ins Mikrofon, ich verstand jedoch nichts. Die Musik aus den Boxen war zwar ganz nett, der Sprecher deshalb schlecht zu hören. Mir rauschte das Blut im Kopf. Wie? Drei Runden noch? Oder zwei? Können die keine Schilder hinhalten, wo das drauf steht? Lesen kann doch jeder!
So kaputt war ich inzwischen, dass ich nach dem kleinen Stich im Schotter weg gerutscht und beinahe in die Mosel gefallen bin.
Das Interview
Aber alles hat ein Ende, auch dieses schwierige Rennen. Irgendwann kam ich wieder an der Hütte an und keiner fuhr mehr weiter. Geschafft! Nach Luft schnappend blieb ich stehen, hatte keine Kraft mehr, das Bein übers Rad zu heben. Plötzlich stand der Sprecher vor mir, grinste, hielt mir das Mikrofon hin und fragte mich, wie es denn so gewesen wäre. Gut, brachte ich gerade noch heraus. Er erkannte meine Situation und beließ es dabei.
Ein Kaffee, ein Stück Kuchen und ein Bier brachten meine Drehzahlen wieder in den grünen Bereich. Das zweite Rennen lief an. Ich fuhr mal duschen, den Schluss des Seniorenrennens und die Siegerehrungen wollte ich mir noch ansehen.
Seniorenpower
Als ich mich nach einem kurzen Nickerchen im Auto wieder an der Hütte einfand, waren die Alten dabei sich den Rest zu geben. Obwohl noch zwei Runden zu fahren waren, legten einige vor der Hütte noch einen Spurt hin. Wozu eigentlich? Um ihre Power zu demonstrieren? So seniorisch sahen aber einige gar nicht aus: junge, glatte Gesichter. Und ein paar zerknitterte waren auch dabei. Ah, jetzt glaubte ich es zu erkennen: Es gab zwei Seniorengruppen. Die jungen Alten und die Alten. Das müsste man doch an den Startnummern irgendwie erkennen können. Später sah ich mir einige verlassene Bikes mal an: rot und orange für S1 und S2. Das soll jemand erkennen! Für das nächste Rennen müssen die Schilder mal renoviert werden!
Happy End
Dann fand eine Aktion statt, die ich anfangs nicht begriff und die mir komisch vorkam. Da mussten ne ganze Menge Leute unterwegs Sachen verloren haben. Der Sprecher hielt sie hoch: eine Mütze, ein T-Shirt, sogar von einem Handy war die Rede. Namen wurden aufgerufen, die Verlierer? Sie bekamen ihre Sachen zurück. Plötzlich rief der Sprecher meinen Namen. Aber ich hatte doch nichts verloren! Oder? Verdammt, jetzt wusste ich es: Es war eine Verlosung. Mir wurde eine schöne Mütze überreicht. „7 up – Pro Cycling“ stand drauf. Muss ich mir mal übersetzen lassen. Verlegen und glücklich zog ich mich schnell zurück. Toll, dieser Kup. Da mache ich noch mal mit…
(EMC-Kolumne 2004)
Müllschlucker
Nichts ahnend, was auf ihn zukommt, radelt unser Freund sorglos und einigermaßen gut gelaunt zur Arbeit. Es ist noch dunkel so früh am Morgen und regnen tut es auch noch. Nichtsdestotrotz, unser Mountainbiker ist unterwegs, etwas spät zwar, weil er wiedermal die Überschuhe nicht zubekommen hat. Die Reißverschlüsse hinten waren noch vom Vortag verdreckt ließen sich einfach nicht hochziehen. Erst die Kneifzange und einige Flüche halfen… Die verlorene Zeit muss über einen kürzeren Weg eingeholt werden. Dieser Weg führt durch den Ort und in Anbetracht des irrsinnigen Straßenverkehrs und einer Baustelle mit Ampel über den Bürgersteig.
Es ist Montag, Müllabfuhrtag. Das bedeutet: Slalomfahren. Eigentlich ein gutes Geschicklichkeits- und Techniktraining für einen Mountainbiker. Aber morgens um diese Zeit. Die Mülltonnen stehen akkurat ausgerichtet am Straßenrand. Wir sind in Deutschland. Das steht für Ordnung und Sauberkeit. Aber auch für Rationalisierung bis zur Schmerzgrenze. Der gute alte Müllmann verschwindet immer häufiger aus dem Straßenbild. Das war der, der in seiner heftig fluoresziernenden Arbeitskleidung (die auch vernünftige Alltagsbiker, wenn sie länger im Straßenverkehr überleben wollen, immer öfter tragen) munter vom Müllwagen auf und ab sprang und sich liebevoll um die vollen Tonnen kümmerte. Die Gegend, die unser Mountainbiker durchfährt, ist von solchen Müllmännern fast frei.
Schon länger ist es her, als ihm zum ersten Mal dieses seltsame Fahrzeug morgens begegnete. Science Fiktion? Ein fahrerloses Fahrzeug, das sich gezielt an den Reihen von Mülltonnen vorbei bewegte, einen Greifarm seitlich ausfuhr, nach einer Tonne griff und sie in einer schnellen Bewegung ins Auto entleerte – und wieder genau am selben Platz abstellte.
Inzwischen hat er sich an den Anbkick gewöhnt und weiß, dass der Fahrer auf der Beifahrerseite sitzt und die Hebel bedient. Wie diesmal.
Noch vier Tonnen trennen ihn von der Maschine. Verflixt, links kann er nicht vorbei fahren. Kein Platz mehr, ein Mäuerchen. Zu warten hat er auch keine Lust. Also: vorbeifahren zwischen Tonnen und Auto. Der Fahrer wird hoffentlich schon wach sein und warten, bis er vorbei ist. Schließlich hat er Licht am Rad und ist gut zu sehen. Genau in dem Moment, als er an der entsprechenden Tonne vorbei fährt, fährt auch der Greifarm aus. Die Hebel fahren unters Oberrohr und hieven Fahrer und Bike in einem Salto nach oben. Das Bike bleibt klemmen, die Klickis lösen aus und der Fahrer verschwindet in der Öffnung, das Rad wird wieder zurück gebracht…
Unser Pechvogel hat Glück im Unglück: Unverletzt landet er weich im Wohlstandmüll. Zudem trägt er einen Helm und dort ist sogar eine kleine Lampe montiert, die ihm jetzt Licht spendet.
Keine Panik, denkt er, ich wollte eigentlich schon immer wissen, wohin die den ganzen Müll schaffen. Um sein Bike macht er sich weniger Sorgen: Sperrmüllabfuhr ist erst in drei Wochen.
(Tagebuch 2010)
Der Wassersparer
Alles wird teurer, auch unser Trinkwasser. Aber zur Zeit bekommen wir das lebenswichtige Nass in großen Mengen umsonst von oben. Für ökologisch engagierte Mountainbiker oder auch Centfuchser bieten sich jetzt echte Sparmöglichkeiten.
Schon die Hinfahrt zur Arbeit lässt sich hervorragend nutzen, um teures Wasser zu sparen: Zähneputzen während der Fahrt. Die Zahnbürste wird zuhause schon mit der bevorzugten Paste präpariert (etwas fester als üblich aufdrücken!) Mit einem Klettverschluss kann sie am Lenker fixiert werden. Der Regen weicht sie schon mal gut ein. Nun heißt es: Zunge rausstrecken und Wasser sammeln. Ist ausreichend vorhanden, kann geputzt werden. Auf ebener Strecke kann man schon mal eine Hand vom Lenker lassen. Zum Ausspülen der Mundhöhle muss wieder fleißig Wasser gesammelt werden. Zur Not kann auch das Restwasser aus der Trinkflasche von gestern benutzt werden. Falls man vergessen hat, am Vortag damit die Blumen im Wohnzimmer zu gießen.
Eine enorme Einsparung von Wasser verspricht dann der Rückweg von der Arbeit. Verschwitzt und stark riechend zu Hause anzukommen, ist auch nicht so toll. Also ist Duschen auf dem Nachhauseweg angesagt. Es regnet seit Tagen recht kräftig. Das ist eine einmalige Gelegenheit! Handtuch und Duchgel haben wir natürlich dabei. Jetzt heißt es: nicht zimperlich sein und runter mit den Klamotten, Oberkörper frei. Dazu darf angehalten werden. Die Kleider werden im Rucksack verstaut und der Körper schön eingeseift, sobald er einigermaßen feucht ist. Wer keine Angst hat ohne Helm zu fahren (Sicherheitsfanatiker weghören!), kann sich auch noch den Kopf einseifen. Und dann fix rauf aufs Rad und durch den Wald geradelt. Der starke Regen spült innerhalb weniger Minuten den Schweiß, den Stress und allen Kummer hinweg. Regenhose vorher enger schnüren!
Zum Abtrocknen und Anziehen darf angehalten werden. Den Zeitverlust hat man schnell wieder aufgeholt.
Selber habe ich das Wassersparen jetzt für ein paar Tage eingestellt, nachdem ich meine Lungenentzündung einfach nicht mehr loswerde. Ich weiß gar nicht, wieso ich die bekommen habe, wahrscheinlich hat mich jemand angesteckt…
Was einem auf einer abendlichen Regenrunde für seltsame Ideen kommen können… (Tagebuch 2010)
Total beheizt
Jetzt ist es doch Winter geworden. Minusgrade, gefühlt ist es richtig kalt. Besonders abends. Manche Leute frieren mehr als andere, aus verschiedenen Gründen…
Soll er heute ausfahren? Bei der Kälte? Natürlich, er ist doch gerichtet darauf. Noch einmal kontrolliert er alle seine Heizutensilien, die noch an der Steckerleiste hängen. Überall grün. Ausstöpseln und es kann losgehen.
Seit Jahren trägt, fährt, nutzt er schon die beheizbaren Schuhsohlen, Thermosoles auf Neuhochdeutsch. Inzwischen gibt es sie schon mit Fernsteuerung. Das wäre auch was für mich, denkt er. Auch die Handschuhe sind Standard: drei Stufen. Rot, gelb, grün leuchten sie. Allein das macht schon warm. Im letzten Winter hat er sich dazu passende dicke Überhandschuhe zugelegt, die beheizbaren sind doch sehr dünn und die Akkus zu sehr der Kälte ausgesetzt.
Er ärgert sich immer wieder, dass es speziell für Mountainbiker so wenig Heizklamotten gibt, als würden alle nur durch die Gegend „heizen“ und nie frieren. Von den Skileuten und Snowboardern hat er sich die beheizbare Weste abgeguckt. Schön mollig warm.
Das Beste kommt aber noch: das beheizbare Buff-Tuch. Es verteilt die Wärme mittels Heizdrähten über den ganzen Kopf, besonders geeignet für Glatzenträger. Früher hat er sein Tuch auf die Heizung gelegt vorm Biken, aber nach zwei Minuten war die Wärme verschwunden. Das Allerneuste aber ist der Nasenwärmer. Nasen sind immer vorwitzig und strecken sich besonders weit in die Kälte vor und bekommen sie beim Fahren immer zuerst zu spüren. Das Teil sieht bisschen wie eine Pappnase für die Fastnacht aus und wird mit einem Gummi um den Kopf befestigt, aber Wärme geht vor Eitelkeit. Deshalb lässt er sich auch nicht gerne in seiner Wärmehaltepackung fotografieren. Und wovon träumt er, unser Biker? Natürlich, von einem beheizbaren Sattel. Dass diese Marktlücke noch kein Unternehmen gefunden und gefüllt hat, das versteht er nicht.
Wenn er mit seinen Kumpels fährt und die dann auf der Tour mal ein bisschen Gas geben, ist es schnell vorbei mit der molligen Wärme und er verlangt eine Entkleidungspause.
(Tagebuch 2012)
Der Mann und die Frau
1 Ausgeführt
In gewissen Gesellschaftskreisen ist es üblich, dass der Mann die Frau öfter mal ausführt. Zum Essen, ins Kino, ins Theater usw. So etwas hat unser Mann an diesem Tag auch getan. Die Lokalität heißt “Im Lückner”. Als Vorspeise gibt es ein paar einfache Wege zum Warmwerden.
Zweite Vorspeise – er lässt sich nicht lumpen – ein paar Trails, aber schneefrei. Als Hauptgericht wird dann eine Abfahrt in ein schönes Tal bei Wahlen serviert. Das hat sich die Frau ausgesucht. Die Soße zum Hauptgericht war etwas scharf, so dass die Frau leicht ins Schwitzen kam. Nicht so schön war es dann auch, dass im Restaurant ein paar Hunde herumliefen und die Gäste belästigten. Das kann einem dann kurzfristig den Appetit verderben. Ja und so gut geheizt war es an diesem Tag auch nicht…
Als Nachtisch gibt es einen atemberaubenden Blick auf exotische Tiere: auf einige Lamas. Wo bekommt man so etwas schon zu sehen?
Nach fast zwei Stunden sind beide ziemlich satt und sie machen sich auf den Heimweg. Ganz Kavalier hält der Mann der Frau beim Verlassen der Lokalität die Tür auf (Gatter am Golfplatz)…
So, denkt der Mann, das war mal eine kostengünstige Veranstaltung.
2 Blumen für die Frau
Der Mann, Her M., hatte wiedermal keine Ruhe im Hintern. Er musste los. Die Nachbarin, die ihn wegfahren sah, wird wohl angesichts des schlechten Wetters den Kopf geschüttelt haben. Als er unterwegs ein Hungergefühl verspürte, hielt er an, stieg vom Rad und las einige Bucheckern vom Boden auf. Sie schmeckten ihm gut und der gute Geschmack auf der Zunge hielt sich eine Zeitlang.
Als er an einem fast verblühten Blumenfeld vorbei kam, sah er, dass noch noch einige Blumen übrig geblieben waren. Die bringe ich der Frau mit, dachte er. Kommt ja nicht so oft vor. Kaum hatte er sie geerntet und in den Rucksack gesteckt, begann es kräftig zu regnen. Ah, dachte er, die Strafe für den Frevel folgt auf den Fuß. Oder kam der Regen, um die Blumen unterwegs frisch zu halten…
3 Der Sturm
Oh, dachte der Mann, als er aus dem Fenster schaute, es weht ein lustiger Wind. Den könnte ich mir um die Nase wehen lassen. Aber geregnet hat es auch. Na ja, der Mann fährt trotzdem los. Durch den Wald wollte und sollte er nicht fahren. Das hat ihm die Frau verboten. Es könnte ihm ja etwas auf den Kopf fallen bei diesem Wind. Das hat er eingesehen…
Er musste nochmal sein “Regenrad” testen, der Sattel war wieder drauf, vielleicht ist es auch ein “Windrad”?
Über die Schmelzer Höhen bläst dann tatsächlich ein kräftiger Wind. Sind das die gemeldeten 150km/h, fragt sich der Mann und klammert sich am Lenker fest. Ui, jetzt bläst es aber. Er muss sich schräg gegen den Wind lehnen. Einmal wird er von der Straße rüber in die Wiese gedrückt und einmal dachte er: Jetzt muss ich absteigen. Dann hörte der Wind aber schlagartig auf zu blasen…
Im Ort fährt der Mann an allerlei fortgewehtem Gerümpel vorbei: ein halber Briefkasten, Plastiktüten, leere Eimer. Auf der Straße liegen an drei Stellen pitschnasse Fußmatten. Und einmal hat er sich doch erschrocken: Da kam ihm ein bunter Schirm entgegen geflogen, so ganz allein und ohne jemandem drunter. Da musste er schnell ausweichen. Jetzt, dachte der Mann, wird es Zeit, nach Hause zu fahren… Ob die Frau schimpft?